Anna Weyh – Redakteurin bei der HNA

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Allein mit den Burgspinnen: Lockdown auf Burg Tannenberg in Nentershausen

Mittwoch, den 03. März 2021

Nentershausen – Parkplatz und Holzbänke sind menschenleer, um die Tannenburg herum ist es mucksmäuschenstill. Diese verlassenen Mauern stellt man sich unheimlich vor, doch selbst die Burggeister lassen sich nicht blicken. Da kommt Hund Bruno bellend angerannt und durchbricht die Ruhe. Ihm folgt Stefan Ley, Mitglied im Förderverein und auch Teil der Betriebsgesellschaft „Allerley“, die die Tannenburg bewirtschaftet.

Im Innenhof der Burg stehen ein Gerüst und ein Betonmischer. „So sieht es hier normalerweise nicht aus. Wir nutzen die Zeit und renovieren ein bisschen“, sagt Ley. Die Fachwerkfassade und das Brunnenhaus sind die aktuellen Projekte der „Freunde des Tannenberg“. Die Mitglieder des Fördervereins der Burg arbeiten daran meist an den Wochenenden.

Ley betritt die Gastronomie im Burginneren und eine eisige Kälte breitet sich aus. „Hier ist gerade nur eine Not-Heizung in Betrieb. Sie hält die Räume bei knapp über null Grad.“ Die Theke ist bestückt, Tische und Bänke mit kuscheligen Schafsfellen bedeckt. Es sieht aus, als würden im nächsten Moment Gäste zur Tür herein kommen – aber gegessen hat dort schon lang niemand mehr.

„Wir haben momentan von freitags bis sonntags jeweils abends geöffnet und bieten Essen zum Abholen oder Liefern an.“ Der Umsatzeinbruch sei für Ley dennoch deutlich spürbar. „Ich schaue von Monat zu Monat, dass es irgendwie reicht.“ Die Mitarbeiter sind alle in Kurzarbeit. „Deswegen ist hier auch seit Monaten kein Staub gewischt worden. Wobei ich es mir wirklich schlimmer vorgestellt hätte. Normalerweise sind die Burgspinnen sehr fleißig“, sagt Ley lachend.

Neben der Gastronomie sind für Ley als Mitglied der Betriebsgesellschaft und damit als Pächter der Burg auch die Familien- und Firmenfeiern eine wichtige Einnahmequelle.

„Da konnte im vergangenen Jahr ja kaum etwas stattfinden. Wir waren für jedes Wochenende ausgebucht. Viele haben ihre Feste nun verschoben, manche auch schon mehrfach.“ Es sei ein großes Durcheinander. Auch das seit 1995 stattfindende Burgfest musste im vergangenen Oktober pandemiebedingt ausfallen. „Wir planen das ganze Jahr daran. Es ist für den Verein auch die Haupteinnahmequelle, um dann Sanierungen an der Burg vorzunehmen“, sagt Ley. Für das nächste Burgfest im kommenden Oktober gebe es noch keine genauen Pläne. „Es ist gerade wirklich unklar, was im Herbst möglich sein wird. Es wäre schön, wenigstens etwas Kleines zu organisieren, aber wir warten noch ab. Es ist traurig, das alles so verlassen zu sehen. Das Fest ist Tradition und gehört einfach dazu.“

Ley stammt aus dem Rheinland und kam vor mehr als 25 Jahren mit drei Freunden nach Nentershausen, darunter auch Marc von Baumbach, Nachfahre der Adelsfamilie, die auf der Tannenburg zu Hause war. Sie bildeten dann gemeinsam die Betriebsgesellschaft „Allerley“. „Wir brachten wieder Leben in die Burg. Unser ganzes Leben haben wir darauf ausgerichtet“, erinnert sich Ley und steigt die Treppenstufen zur Kapelle hinauf.

„Hier finden normalerweise Trauungen statt. Ich war in diesem Jahr noch überhaupt nicht hier oben. Man kommt da nicht so hin im alltäglichen Schaffen.“ Lange überblickt er den verlassenen Saal. Wieder draußen im Burghof wird Ley von seinem Hund Bruno und von der strahlenden Sonne begrüßt. Besonders bei solchem Wetter seien sonst immer besonders viele Besucher auf der Burg und auf den Wanderwegen unterwegs.

Ley fehlt das Treiben. Er hofft auf ein baldiges Ende des Corona-Schlafs – doch bis dahin muss Ley das Burgtor mit dem alten Eisenschlüssel wieder verschließen. (Anna Weyh)

Quelle: https://www.hna.de/lokales/rotenburg-bebra/allein-mit-den-burgspinnen-90225250.html